Pforzheimer Tornado 1968 – Naturkatastrophe vom 10. Juli 1968
Am Abend des 10. Juli 1968 traf ein Tornado der Stärke F4 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 350 km/h den Süden Pforzheims. Es handelte sich um eine der schwersten Naturkatastrophen in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Der Pforzheimer Tornado
Am Abend des 10. Juli 1968 traf ein Tornado der Stärke F4 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 350 km/h den Süden Pforzheims und das Umland. Es handelte sich um eine der schwersten Naturkatastrophen in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Wirbelsturm zog eine 30-35 km lange Schneise der Zerstörung durch die Region.
Verlauf und Entstehung
Die meteorologischen Bedingungen und der Weg des Tornados
Entstehung und Wetterlage
Der Tornado entstand aus einer Gewitterzelle, die von Frankreich über die Vogesen nach Südwestdeutschland zog. Ursache war das Zusammentreffen feuchter, heißer Mittelmeerluft und einer heranziehenden Kaltfront mit starkem Wind- und Temperaturgefälle. Über Südwestdeutschland herrschten extrem schwüle Bedingungen mit über 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit.
Zugbahn des Tornados
Der Wirbelsturm bildete sich gegen 21:30 Uhr bei Ittersbach, zog weiter über Ottenhausen, Gräfenhausen, Birkenfeld und den Süden Pforzheims, bevor er sich östlich von Neubärental auflöste. Die Zugbahn war rund 30–35 km lang und im Schnitt 500–600 Meter breit.
Schäden und Auswirkungen
Die verheerenden Folgen des Tornados
Gebäudeschäden
Insgesamt wurden über 3.300 Gebäude beschädigt, davon 2.350 in Pforzheim. Sechs Häuser wurden vollständig zerstört. Autos wurden bis zu 200 Meter weit geschleudert, Dächer abgedeckt und ganze Fassaden abgerissen.
Personenschäden
Zwei Menschen verloren in Ottenhausen ihr Leben, über 200 wurden in Pforzheim verletzt. Die Bevölkerung war völlig überrascht, da es keine vorherige Unwetterwarnung gab. Die Rettungskräfte waren stundenlang im Einsatz, um Verletzte zu bergen und die Schäden zu dokumentieren.
Waldschäden
46 Hektar Stadtwald und 80 Hektar Staatswald wurden verwüstet, insgesamt etwa 130.000 Festmeter Sturmholz. Die Landschaft wurde durch die Gewalt des Tornados nachhaltig verändert, und es dauerte Jahre, bis sich die Wälder wieder erholten.
Sachschäden
Der Sachschaden belief sich auf über 100 Millionen DM, was nach heutigen Werten etwa 100 Millionen Euro entspricht. Es war die schwerste Naturkatastrophe Pforzheims seit der Bombardierung 1945 und führte zu umfangreichen Versicherungsleistungen und Wiederaufbaumaßnahmen.
Aufräumarbeiten und Hilfe
Massive Hilfsaktionen und internationale Unterstützung
Katastrophenalarm
Um 1:50 Uhr löste Oberbürgermeister Willi Weigelt Katastrophenalarm aus, der über 2 Wochen dauerte. Bis zu 1.000 Helfer täglich waren im Einsatz: Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Bundeswehr, französische und amerikanische Soldaten. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen war beispielhaft und ermöglichte eine schnelle Bewältigung der Katastrophe.
Der Umfang der Hilfe war enorm: 6.000 Mahlzeiten pro Tag wurden verteilt, 12.000 LKW-Ladungen Schutt (ca. 50.000 m³) wurden abtransportiert, und 290 Monteure stellten die Stromversorgung wieder her. Der Katastrophenfall wurde am 25. Juli 1968 aufgehoben, nachdem die schlimmsten Schäden beseitigt waren.
Internationale Solidarität
Die Bevölkerung zeigte große Solidarität. Nachbarn halfen sich gegenseitig, und aus ganz Deutschland trafen Spenden ein. Schaulustige behinderten jedoch die Arbeiten, sodass Sperrungen nötig wurden, um die Aufräumarbeiten effizient durchführen zu können.
Trotz der Verwüstung gelang eine rasche Wiederherstellung – nach 15 Tagen war der Ausnahmezustand beendet. Der Tornado führte zu Diskussionen über bessere Warnsysteme und Versicherungslösungen, die in den folgenden Jahren umgesetzt wurden.
Wissenschaftliche Einordnung
Klassifikation und Bedeutung des Tornados
Fujita-Skala F4
Der Tornado entsprach nach der Fujita-Skala der Stufe F4 mit Windgeschwindigkeiten von 325–400 km/h. Dies bedeutet Totalschäden an Massivbauten und Autos, die durch die Luft geschleudert wurden. Vergleichbare Tornados sind in Deutschland äußerst selten und treten statistisch nur alle paar Jahrzehnte auf.
Der Pforzheimer Tornado gilt als einer der stärksten jemals in Deutschland dokumentierten Wirbelstürme und wird in der meteorologischen Forschung als Referenzereignis für extreme Wetterphänomene in Mitteleuropa herangezogen.
Bilanz des Ereignisses
Der Tornado traf Pforzheim am 10. Juli 1968 gegen 21:30 Uhr und dauerte etwa 3 Minuten. Mit einer Stärke von F4 auf der Fujita-Skala erreichte er Windgeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h. Die Zugbahn erstreckte sich über 30–35 km Länge bei einer Breite von 500–600 Metern.
Die Bilanz des Ereignisses zeigt zwei Todesopfer in Ottenhausen und über 200 Verletzte in Pforzheim. Die Zerstörung erstreckte sich über tausende Gebäude und große Waldflächen, was den Tornado zu einem der prägendsten Ereignisse in der Geschichte Pforzheims macht.
Quellen und Literatur
- 1. Pforzheimer Zeitung: Berichte vom 11. Juli 1968 und den folgenden Tagen. Dokumentation der Schäden und Aufräumarbeiten.
- 2. Stadtarchiv Pforzheim: Fotosammlung und Dokumente zum Tornado. Protokolle der Stadtverwaltung und Katastrophenschutzmaßnahmen.
Dietlingerstraße nach den Tornados 1968, Quelle: Philipp Henrich